16. August 2023 | Die Wasserstoffproduktion für die europäische Industriewende ist innerhalb Europas günstiger als internationale H₂-Importe. Auch Wasserstoffimporte per Pipeline aus Nordafrika und dem Nahen Osten sind nur dann wettbewerbsfähig, wenn der Einsatz erneuerbarer Energien eingeschränkt ist. Zu diesem Ergebnis kommt das Fraunhofer ISI in einer Untersuchung im Auftrag der EU-Kommission.

Für die Berechnungen verwendeten die Forscher:innen vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) das Energiesystemmodell „METIS“. Das Modell kann das europäische Energiesystem mit Schwerpunkt auf den Energieträgern Strom, Gas, Wasserstoff und Wärme in stündlicher Auflösung simulieren.

Durchgespielt wurden zwei Szenarien mit einem höheren (H₂+) und einem geringeren Wasserstoffeinsatz bei gleichzeitig stärkerer Elektrifizierung der Industrie (Elec+). In beiden Szenarien sind Wasserstoffimporte nicht Teil des kostenoptimalen Systems, heißt es vom Fraunhofer ISI. Erst wenn die Erneuerbaren-Potenziale in jedem Land auf 70 % begrenzt werden, steigen die inländischen Wasserstoffproduktionskosten um 11 %. So wird der Import aus Nicht-EU-Ländern zur kostengünstigeren Lösung.

Treibhausgasreduktion von 95 % möglich

Generell gehen die Fraunhofer-Forscher:innen davon aus, dass bis 2050 eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der Industrie um 95 % möglich ist. Dafür ist die schnelle Einführung und Verbreitung neuer klimaneutraler Verfahren in vielen Branchen erforderlich. Im Mittelpunkt der Industriewende stehen vor allem die Produktion von Stahl, Zement und Chemikalien. Um eine CO₂-arme Produktion zu ermöglichen, werden hier grüner Strom und grüner Wasserstoff in großen Mengen benötigt.

Auch wenn Strom zum wichtigsten Energieträger wird, zeigen beide Szenarien dennoch einen substanziellen Bedarf an grünem Wasserstoff, selbst dann, wenn die Industrie stark auf Elektrifizierung setzt. Im Elec+-Szenario sind es noch 1.343 TWh im Jahr 2050, gegenüber 1.785 TWh im H₂+-Szenario. Vor allem als Rohstoff für kohlenstoffarme Chemikalien und für die Stahlproduktion wird der Energieträger benötigt. Im H₂+-Szenario deckt er im größeren Umfang auch den Bedarf an Prozesswärme.

Drastisch sinken könnte der Wasserstoffbedarf, wenn Teile der chemischen Wertschöpfungskette ins Ausland verlagert werden und Produkte wie grünes Methanol, Ammoniak oder Ethylen größtenteils importiert werden. In einer weiteren Sensitivitätenanalyse (Elec+_VC) zeigt sich, dass der Bedarf in diesem Fall auf 416 TWh einbrechen kann. Dies unterstreiche, wie empfindlich die Wasserstoffnachfrage der Industrie auf die Entwicklung nur einiger weniger wichtiger energieintensiver Produkte reagiert, so das Fraunhofer ISI.

Großes Wasserstoffnetz sei „unerlässlich“

Die Analyse kommt zu dem Schluss, dass erneuerbare Energien das Potenzial haben, Europas Energiebedarf zu wettbewerbsfähigen Kosten zu decken. Die größten Produktionskapazitäten für grünen Wasserstoff in Europa sieht das Fraunhofer ISI in Frankreich, Spanien, Großbritannien und Norwegen.

Um die benötigten Mengen zu den Abnehmerländern wie Deutschland, Belgien, der Tschechischen Republik und den Niederlanden zu liefern, sei ein großes Wasserstofftransportnetz „unerlässlich“, heißt es. Die Ergebnisse zeigten „robuste Wasserstoffkorridore“, die auch bei begrenzter inländischer Nachfrage oder geringen Erneuerbaren-Potenzialen Teil der kostenoptimalen Lösung sind.

Hier geht es zur METIS-Analyse des Fraunhofer ISI

(Quelle: energate/2023)

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